Bild von einer zusammengeklappten Zeitung

Wirtschaftsforum: Vortrag zu Ausbildung und Beschäftigung in Zeiten des Fachkräftemangels

Das Thema „Ausbildung und Beschäftigung im Landkreis Bad Dürkheim in Zeiten des Fachkräftemangels“ war das Thema des diesjährigen Wirtschaftsforums der Strukturentwicklungsgesellschaft des Landkreises Bad Dürkheim und der Sparkasse Rhein-Haardt im Kreishaus. Referentin des Abends war Professorin Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen.

In seiner Einführung sprach Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld vom „Fachkräftemangel als zentralem Thema für Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft in schwierigen Zeiten“. Hohe Lohn- und Energiekosten oder mangelnde Nachfrage sorgen dafür, dass Unternehmen schließen oder Mitarbeiter entlassen. „Wenn weniger Menschen ein sicheres Einkommen haben, bezahlen sie weniger Steuern und geben auch weniger Geld aus, das wiederum als Einnahmen bei Unternehmen fehlt. Zugleich sehen wir hier in der Verwaltung stetig steigende Belastungen, vor allem im sozialen Bereich“, berichtete Ihlenfeld. Das führe auch bei den Planungen des kommenden Haushalts 2026 wieder dazu, dass von einem zweistelligen Defizit auszugehen sei – „und wir reden nicht von zehn, sondern eher von 30 Millionen“.

Expertin von der Hochschule Ludwigshafen

Zur schwierigen wirtschaftlichen und auch geopolitischen Lage komme nun der immer klarer zu Tage tretende Fachkräftemangel. Der sei nun Thema des Wirtschaftsforums, „weil es wichtig ist, dass wir in der Region im Gespräch sind und uns über Entwicklungen austauschen, auch darüber, wie wir Nachwuchskräfte gewinnen und Mitarbeiter an uns binden können“, so der Landrat weiter.

In ihrem folgenden Vortrag beleuchtete die Expertin der Hochschule Ludwigshafen unter anderem einen möglicherweise doch nicht vorhandenen Generationenkonflikt, die derzeitige Transformationsvielfalt, die auf die Menschen an verschiedensten Stellen wirkt, das dabei erhalten gebliebene Handlungsspektrum und die Frage, welche Konsequenzen sich daraus ergeben, wenn Unternehmen oder Verwaltungen in diesen schwierigen Zeiten gute, attraktive Arbeitgeber bleiben wollen.

Nachwuchsarbeitskräfte als knappes Gut

Zum Generationenkonflikt nahm Rump zunächst Bezug auf die Babyboomer, zu denen sie sich selbst zählt: „Wir waren viele, es gab wenige Ausbildungsplätze, ich habe zig Bewerbungen geschrieben und dem Unternehmen, dass mich genommen hat, sozusagen die Treue geschworen. Ich habe gelernt, meinen Kopf unter den Arm zu nehmen und mich anzupassen. Das ist Teil meiner Sozialisation.“ Die beinhalte eine hohe Motivation verbunden mit Fleiß, Pflicht und Disziplin.

Das treffe nun auf die junge Generation. Die jungen Menschen wüssten, dass sie beim aktuellen Arbeitskräfte- und Nachwuchsmangel ein knappes Gut seien. Folglich wollten sie es „schön und gut haben im Berufsleben, sie wollen wegen allem gefragt werden und brauchen Work-Life-Balance“. Dabei sei die Leistungsbereitschaft der jungen Generation durchaus gegeben. „Aber ihre Arbeit muss Spaß machen, sinnvoll sein und eine Perspektive bieten. Da stelle ich mir die Frage: Bin ich der Entertainer meiner jungen Mitarbeiter? Wenn ich an den Leistungsdiamanten will, ist die Antwort: Ja!“, betonte Rump.

Ratssaal bei Vortrag mit Publikum
Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld (stehend, hinten rechts am Mikrofon) bei der Begrüßung der Gäste des Wirtschaftsforums im Ratssaal der Kreisverwaltung. 

Zeit der Transformation

Wenn man das aus aktueller Sicht betrachte, „rasen da gerade zwei ICEs aufeinander zu“, kommentierte die Professorin, „und das in Zeiten, in denen wir zueinander stehen müssten anstatt uns in einem Generationenkonflikt zu verlieren. Das können wir uns in der heutigen Zeit gar nicht leisten.“

All das geschehe in einem Kontext: „Eingerahmt von der demografischen Entwicklung, erleben wir eine ökonomische, digitale und ökologische Transformation.“ Gerade beim Fortschritt in Bereichen der Künstlichen Intelligenz (KI) müsse sich der Wissenschaftlerin zufolge jeder bewusst machen: „Das wird in jede Ritze unseres Lebens eindringen, da bleibt kein Stein auf dem anderen.“ Einerseits bringe die KI eine Explosion des globalen Energieverbrauchs mit sich, was wiederum mit der ökologischen Transformation rund um Nachhaltigkeit und Klimawandel zu tun hat. Gleichzeitig folge daraus eine ökonomische Transformation, denn nur wer die Rohstoffe habe und einsetzen könne, werde in Sachen KI die globale Vorherrschaft erreichen können. „Vor ein paar Jahren führte Protektionismus zur Deglobalisierung. Derzeit erleben wir einen Protektionismus mit einer Reglobalisierung – und die Karten werden neu gemischt“, erklärte sie. Oder anders gesagt: „Veränderung ist der neue Normalzustand, was wir in Echtzeit permanent auf unseren Smartphones gezeigt bekommen.“ Da werde deutlich, dass auch Zeit eine wesentliche Ressource sei.

Limitierende Faktoren der neuen Normalität 

Daraus ergeben sich laut Rump viele Fragen für Unternehmen. „Sind all diese Veränderungen gleichzeitig zu bewältigen? Was ist in Zukunft relevant? Gibt es eine Prioritätenliste und wie wird all das bezahlt? Wie bleibt man schneller und besser als der Rest und hält das Personal, das mitdenkt, auf hohem Niveau qualifiziert und kompetent ist und mit dem Betrieb durch gute wie schlechte Zeiten geht?“

In dieser neuen Normalität hat Rump drei limitierende Faktoren aufgezeigt: Zeit, Geld und Fachkräfte. Zusammengefasst gesagt, gehen die meisten Babyboomer zwischen 2027 und 2034 in Rente. „In der Pipeline ist aber nur die Hälfte der Menschen, für zwei Alte, die gehen, kommt nur ein Junger nach.“ Dann müsste der eine Junge künftig für zwei arbeiten.  „Da scheint es gar nicht mehr so unvernünftig, dass der Nachwuchs uns mit Work-Life-Balance kommt.“

In Produktivität investieren

In diesem Spannungsfeld sei ein Handlungsrahmen notwendig. Eine Möglichkeit sei, für mehr Arbeitszeit zu sorgen, indem Teilzeit-Modelle reduziert werden. Andererseits könnte man in Produktivität investieren, um so mit geringerem Personalbestand klar zu kommen. Dafür müsse man auf Basis von Prozessanalyse, -optimierung und -harmonisierung sowie Schnittstellenmanagement „Digitalisierung und KI draufsetzen, wo immer es möglich ist“.

Zudem sei es dringend nötig, die Belegschaft „auf dieser Reise mitzunehmen“. Rump spricht von „Klebeeffekten“, die dafür sorgen, das Mitarbeitende bei einem attraktiven Arbeitgeber bleiben. Da gehe es um die Unternehmenskultur, die Frage, wie professionell Führungskräfte führen, die Sinnhaftigkeit der Arbeit, gute Aus- und Weiterbildung, einen den Stärken entsprechenden Einsatz oder auch den passenden Lohn. Die Mitarbeiter zu halten, sei auch deshalb möglich, weil Menschen Sicherheit wollen. „Wenn Veränderung auf der Welt der neue Normalzustand ist, dann will ich wenigstens einen zuverlässigen, sicheren Arbeitgeber haben“, erklärte Rump und schlug abschließend noch einmal die Brücke zu ihrem Forschungsfeld, der Employability: „Bei einem guten Arbeitgeber sind Mitarbeiter kompetent und qualifiziert und bringen ein hohes Maß an Identifikation und Motivation mit. Warum? Weil ihre Beschäftigungsfähigkeit ein wesentlicher Rohstoff und Erfolgsfaktor ist. Ich kann es mir als Arbeitskraft nicht leisten, zu einem Arbeitgeber zu gehen, der mich auspresst wie eine Zitrone. Ich suche nach einem Arbeitgeber, der mit mir an meiner Beschäftigungsfähigkeit arbeitet.“

Im Anschluss an ihren Vortrag beantwortete die Professorin noch Fragen aus dem Publikum, ehe es zum informellen Austausch im Foyer des Kreishauses ging.