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AWB feiert Einweihung der neuen RTO-Anlage auf der ehemaligen Deponie in Ellerstadt
Hinter dem sperrigen Begriff „Schwachgasbehandlungsanlage“ verbergen sich auf den ehemaligen Deponien im Landkreis Bad Dürkheim unscheinbar anmutende Klimaschutzprojekte mit sehr großer Wirkung. Im Frühjahr ist die neue Anlage in Ellerstadt errichtet und in Betrieb genommen worden. Am Montag, 22. September, wurde sie nun auch offiziell eingeweiht. Wie schon beim „großen Bruder“ auf der Deponie in Friedelsheim wird darin Methan (CH4) in thermischen Prozessen zu Wasser und CO2 umgewandelt, das 28-mal weniger klimaschädlich als das Ursprungsgas ist.
Als die Anlage in Friedelsheim im April 2020 in Betrieb ging, sprach Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld nicht nur von „einem großen Beitrag für den Klimaschutz“, sondern berichtete auch davon, dass „wir einer der ersten Deponiebetreiber in Rheinland-Pfalz sind, der diese Technik nutzt“. Fünf Jahre später führt der Landrat aus: „Der Landkreis Bad Dürkheim und sein Abfallwirtschaftsbetrieb setzen sich an verschiedenen Stellen für den Klimaschutz ein, sei es mit unseren Photovoltaikanlagen, Radverkehrskonzepten oder eben auch den Schwachgasbehandlungsanlagen. Wir sind stolz darauf, im Bereich der Deponiegas-Verwertung Vorreiter im Land Rheinland-Pfalz gewesen zu sein und freuen uns jetzt, dass wir den Weg mit der neuen Anlage in Ellerstadt noch ein Stück weitergehen.“

© KV/Estelmann
Landart Hans-Ulrich Ihlenfeld bei der Einweihung der RTO-Anlage auf der Deponie in Ellerstadt.
Bei der Einweihungsfeier auf dem Deponiegelände informierten Bernd Lache, Projektleiter beim Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB), und die beteiligten Unternehmen Contec und Lambda über Planung, Bau und Betrieb der RTO. Dort hatten die Gäste auch die Gelegenheit, Fragen zu stellen zur Entstehung von Methan im Deponiekörper oder zur Funktionsweise der RTO. Wegen des schlechten Wetters war ein Teil der Feierstunde ins Kreishaus verlegt worden.
Methan entsteht bei Zersetzungsprozessen, die im Inneren der abgeschlossenen Deponien voranschreiten. Abgeschlossen bedeutet, dass die Oberfläche der Deponie mit verschiedenen aufeinander aufbauenden Schichten mitsamt Drainagen abgedichtet ist. So wird verhindert, dass Regenwasser in das gelagerte Material eindringt und Schadstoffe ausgespült werden. Als oberste Schicht folgt Rekultivierungsboden, auf dem dann gesät und gepflanzt werden kann. Auf der Ellerstadter Deponie sind zu guter Letzt zwei Photovoltaik-Anlagen errichtet worden, eine mit 1600 und eine mit 750 Kilowatt/Peak Leistung.
Und darunter? Zersetzt sich das deponierte Material weiter. Kümmert man sich nicht darum, tritt das Gas trotz der erfolgten Abdichtung an der Oberfläche nach und nach aus dem Deponiekörper aus und gelangt so in die Atmosphäre, wo es seine klimaschädliche Wirkung entfalten kann. Untersuchungen hatten auch für Ellerstadt ergeben, dass noch große Mengen an Methan im Deponiekörper enthalten sind. Dem tritt AWB mit einem zweistufigen Verfahrenskonzept entgegen: der sogenannte Abfallkörper – also der Müll, der in Ellerstadt deponiert wurde – wird, je nachdem wie viel Deponiegas abgesaugt wird, teilweise aerobisiert. Ziel dieser Aerobisierung ist es, den Deponiekörper zum Teil mit Sauerstoff zu durchsetzen und so die Abbauprozesse zu beschleunigen.
Gleichzeitig soll das dabei entstehende Deponiegas aber nicht einfach in die Umgebung gelangen, sondern abgesaugt und per RTO-Technik verwertet werden. RTO steht für Regenerative Thermische Oxidation. Das bedeutet, dass das Gas in der Anlage in einen großen Zylinder mit kleinen Keramikkugeln geleitet wird. Beim Hochfahren der Anlage werden diese Kugeln auf 1000 Grad Celsius erhitzt. Ist der Zylinder aufgeheizt, sorgt der flammenlose Verbrennungsprozess des Methans dafür, dass die hohe Temperatur erhalten werden kann, ohne zusätzliche Energie zuführen zu müssen. An die Atmosphäre werden nur noch CO2 und Wasser abgegeben.

© KV/Estelmann
Die Keramikteile sind essenzieller Bestandteil der RTO.
Dabei war gerade der Anfangsbetrieb anspruchsvoll. Denn im abgedichteten Deponiekörper hatte sich eine relativ hohe Methan-Konzentration gebildet. „Die Speicher waren voll“, fasst Projektleiter Lache zusammen. Für eine so hohe Konzentration ist die errichtete Anlage nicht ausgelegt – im Regelbetrieb muss sie das auch nicht sein. Zu Beginn wäre der Reaktor bei der Verbrennung des Methans in dieser hohen Konzentration aber thermisch überlastet worden. Um zu verhindern, dass die Anlage überhitzt, wird deshalb dem aus fünf verschiedenen Leitungssystemen angesaugten Deponiegas Luft beigemischt. Erst danach wird diese Gasmischung mit deutlich verringerter Methan-Konzentration im Reaktor verbrannt. Inzwischen ist die anfänglich sehr hohe Methan-Konzentration im Deponiekörper deutlich gesunken. Die Anlage läuft nahezu im Regelbetrieb mit dem Gas, das in der Deponie durch die Zersetzungsprozesse gerade anfällt. Es muss nur noch wenig Luft dazu gemischt werden.
Hochgefahren wurde die Anlage Anfang April nach der sicherheitstechnischen Abnahme. „Seitdem läuft sie“, berichtet Deponieleiterin Susan Konn, wobei – wie auch in Friedelsheim – der Betrieb permanent überwacht und gegebenenfalls beispielsweise in der Luftzufuhr nachgesteuert wird. Errichtet wurde die Anlage von der Firma Lambda aus Herten. Der Aufbau der RTO-Anlage sowie der Leitungsbau und die Modifikation der Gasentnahme aus dem Deponiekörper haben insgesamt rund 820.000 Euro gekostet. Gefördert wurde das Projekt erneut – wie schon die RTO-Anlage in Friedelsheim – dank der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Der Förderanteil für den Bau der Schwachgasbehandlungsanlage beträgt 60 Prozent, also rund 492.000 Euro. Damit bleibt ein Eigenanteil von 328.000 Euro beim Landkreis.
In der deutlich größeren Deponie Friedelsheim und ihrer RTO rechnet der AWB damit, dass von 2020 bis 2043 110.000 Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden, in Ellerstadt sollen es 34.000 Tonnen sein. Da laut Berechnungen des Umweltbundesamts eine Tonne CO2 Umweltschäden in Höhe von 180 Euro verursacht, können mit den beiden Anlagen umgerechnet Umweltschäden in Höhe von rund 26 Millionen Euro verhindert werden. Damit leisten beide Anlagen einen Beitrag zur Methanstrategie der europäischen Union. Darin ist vorgesehen, die weltweiten Methanemissionen bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent gegenüber dem Stand von 2020 zu verringern.