Bild von einer zusammengeklappten Zeitung

Die M-Power-Tour: Rap-Projekt im Landkreis Bad Dürkheim und Neustadt unterwegs

Ab Dienstag, 19. August, touren die Rapagogen im Auftrag des Vereins Empowerment e.V. aus Ludwigshafen mit ihrem Jam Van durch den Landkreis Bad Dürkheim. Die pädagogische Rapschule aus Altrip ist Teil der Who.am.I-Creative-Academy, der Jam Van ein fahrendes Musikstudio und Kreativmobil. Für die Tage der seelischen Gesundheit, die sich in diesem Jahr an Kinder und Jugendliche richten, kooperieren die Rapagogen im Landkreis auf ihrer M-Power-Tour mit der Koordinierungsstelle für Gemeindepsychiatrie und den Jugendämtern des Landkreises Bad Dürkheim und der Stadt Neustadt. Ziel ist es, mit der Kraft und Kreativität, die in Musik stecken, Jugendliche abzuholen und mit Themen wie mentaler Stärke, psychischen Belastungen und seelischer Gesundheit in Berührung zu bringen – indem sie mit Unterstützung der Rapagogen gemeinsam eigene Songs schreiben, rappen und arrangieren.

Mit ihrem Jam Van sind die Rapagogen in Haßloch, Neustadt, Lambrecht, Deidesheim, Wachenheim, Bad Dürkheim, Freinsheim und Grünstadt anzutreffen. „Wir fahren an stark frequentierte Plätze, machen Musik an und kommen direkt auf der Straße in Kontakt mit den Jugendlichen“, erzählt Tobias Schirneck, Gründer und Leiter von der Creative-Academy, die seit mehr als 13 Jahren besteht. Geht es nach dem Sozialpädagogen mit 25 Jahren internationaler Bühnenerfahrung als Rapper, ist diese Art Musik dafür bestens geeignet. „Von dem Projekt kann auch das stillste Mädchen in der Klasse profitieren. Rap ist unser Werkzeug, um jungen Menschen zu zeigen: Ich interessier‘ mich für dich. Es ist richtig gut, was du da rappst. Du bist großartig!“, erklärt Schirneck. Und das begründet auch den Namen des Projekts. Die M-Power-Tour ist an den englischen Begriff Empowerment angelehnt. In Bezug auf die Jugendlichen bedeutet das: Sie sollen in ihrem Handeln gestärkt und ermutigt werden und lernen ihre eigenen Ressourcen und Fähigkeiten zu erkennen und zu nutzen.

„Wir sind ein Team von 14 Leuten, die alle mehrfach qualifiziert sind“, erklärt Schirneck. Damit meint er einerseits, dass in seinem Team Pädagogen, Logopäden und Sozialarbeiter am Start sind, die auch „topfitte Rapperinnen und Rapper“ sind.  Und es kommt eine dritte Dimension dazu: „Wir haben alle eine Lebensemanzipation hingelegt, hatten selbst Gewalterfahrungen oder können beim Thema Mobbing mitreden“, berichtet Schirneck und fasst zusammen: „Wir wollen diese Geschichten und uns transparent und erfahrbar machen. Damit kommen wir mit Jugendlichen gut ins Gespräch und können mit ihnen Möglichkeiten suchen, ihre eigenen Geschichten darzustellen. Sie merken dadurch: Auch ihre Geschichte ist wertvoll.“

Warum das so wichtig ist? „In der Pubertät stehen Jugendliche vor vielen Herausforderungen, die manchmal mentale Krisen auslösen können. Depressionen und Angststörungen sind leider auch schon bei Kindern und Jugendlichen zu finden. Wir wollen mit diesem Projekt das Bewusstsein dafür fördern, dass es wichtig ist, auch in krisenhaften Zeiten Worte für das eigene Erleben zu finden und dass das Thema Psyche keine Tabuthema sein darf. Dafür ist das Angebot der Rapagogen genau das Richtige“, ist sich Melanie Krebs, Koordinierungsstelle für Gemeindepsychiatrie im Landkreis Bad Dürkheim, sicher.

Das sieht auch der für das Kreis-Jugendamt zuständige Erste Kreisbeigeordnete Timo Jordan so: „Das Projekt zeigt auf beeindruckende Weise, wie kreativ und wirkungsvoll Präventionsarbeit heute sein kann. Seelische Gesundheit ist ein Thema, das alle betrifft – besonders aber junge Menschen, die oft noch nach Wegen suchen, mit Stress, Druck oder Krisen umzugehen. Mit Rap als Ausdrucksform erreichen wir Jugendliche auf Augenhöhe. Die Workshops bieten nicht nur Raum für Reflexion und Austausch, sondern stärken auch Selbstwert, Resilienz und Gemeinschaftsgefühl. Ich freue mich sehr, dass wir als Landkreis die M-Power-Tour veranstalten können.“

Der Schwerpunkt der Arbeit der Rapagogen passt bestens zu den Tagen der seelischen Gesundheit, die es seit 2023 im Landkreis Bad Dürkheim gibt. „Wie fühlen sich Jugendliche heute in ihrer Lebenswelt? Das rauszukriegen ist unser Spezialgebiet. Es braucht dafür eine transparente, offene, aber auch lustige Ansprache“, weiß Schirneck. Die Erfahrungen des Rapagogen-Alltags zeigen auch, wie Jugendliche sich nach und nach öffnen. „Es kann helfen, sie über jemand anderen texten zu lassen. Es fließen eigene Themen ein und man erfährt sozusagen über Bande, was sie wirklich gerade beschäftigt. So kommen wir über die Arbeit mit Texten zur Frage: Wer bin ich? Wie geht’s mir?“, erklärt der Rapper. Das ist der Kern seiner Who.am.I-Creative Academy, wobei „who am I?“ auf Deutsch „Wer bin ich?“ heißt.

Die Auseinandersetzung mit Rap in Text und Musik hat aber noch einen anderen Effekt: Die eigene Stimme ernstnehmen, mutig, ehrlich und selbstbewusst sein – das ist eine gute Übung auch für andere Lebensbereiche, beispielsweise fürs Bewerbungsgespräch. „Es ist so wichtig, mit der eigenen Stimme fein zu sein, zu wissen: Ich habe mit meiner Stimme etwas zu sagen. Kinder und Jugendliche, die mit ihrer Stimme nicht glücklich sind, können dank der Impulserfahrung mit uns viel weiterkommen“, verdeutlicht Schirneck. 

Damit das klappt, „brauchen wir gute Raps, gute Songs, die die Jugendlichen mitnehmen. Das werden Zeilen sein, die Härte haben, vielleicht auch mal grobe Sprache – eigentlich entstehen aber empathische, weiche Songs. Wir wissen, dass das ein schmaler Grat ist. Aber wenn wir das schaffen, spielen wir den Song – und die Ohren gehen auf und die Herzen gleich mit“, erwartet Schirneck. Am Ende bekommen die Jugendlichen „ihren“ Song und werden zu Multiplikatoren. „Sie sind so stolz auf das, was entstanden ist, dass sie es weiterverbreiten“, erklärt Ben König, DJ, Sozialassistent, Social-Media-Fachmann und bei den Rapagogen für Vertrieb, Organisation und Kommunikation zuständig. Das ist einerseits beste Werbung fürs Projekt, andererseits aber auch eine Möglichkeit, durch das Teilen der Songs mit besonderen Texten auf die Wichtigkeit der seelischen Gesundheit aufmerksam zu machen.

„Die Songs und Videos sind natürlich wichtige Ergebnisse, insbesondere für die Teilnehmer. Für uns zählt aber auch das Erlebnis des Tages für die Jugendlichen selbst“, sagt Krebs und erklärt: „Kinder und Jugendliche reagieren bei persönlichen Krisen oft mit Rückzug und vernachlässigen ihre Freunde, Hobbies oder die Schule. Die daraus resultierende Einsamkeit verschlimmert die Situation leider oft noch. Darum wollten wir bei den diesjährigen Tagen der Seelischen Gesundheit für Kinder und Jugendliche ein Projekt starten, das vor Ort geht und Menschen zusammenbringt. Hier kommt auch die Offene Jugendarbeit der vielen Jugendzentren im Landkreis Bad Dürkheim und der Stadt Neustadt ins Spiel. Wenn junge Menschen dabei erfahren, was es dort für tolle Angebote und nette Ansprechpartner gibt, wissen sie danach, dass das ein Ort ist, an den man gehen kann, wenn man sich einsam fühlt.“

Die offene Jugendarbeit wird von den örtlichen Jugendämtern gefördert. Sowohl das Jugendamt des Landkreises Bad Dürkheim als auch das Jugendamt der Stadt Neustadt unterstützen das Projekt mit großem Engagement.  Krebs sieht in dieser Zusammenarbeit ein großes Potential. Das bestätigt Anja Schneider vom Kreis-Jugendamt: „Seit der Pandemie häufen sich psychische Krisen und Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, hier sind ergänzende pädagogische Angebote dringend nötig. Das niedrigschwellige Angebot der Rapagogen kann zugleich Prävention und Intervention sein.“

In zwei Intensivworkshops in den Herbstferien wird die Arbeit an den Songs fortgesetzt und die Jugendlichen drehen eigene Musikvideos. Möglich ist das Projekt dank zahlreicher Sponsoren:  Unter anderem unterstützen die Sparkasse Rhein-Haardt, die Keipp-Stiftung, die Landeszentrale für Gesundheitsförderung und weitere Kooperationspartner das Vorhaben.

Alle Kinder und Jugendlichen sind eingeladen, den Jam Van bei seiner M-Power-Tour im Landkreis zu besuchen. Die Tourdaten gibt es auf www.kreis-bad-duerkheim.de/m-power-tour. Dort sind nach dem Abschluss der Tour auch die Musikvideos zu finden.